Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Wehrhafte Demokratie benötigt verantwortungsbereite Demokraten

Holocaust-Gedenkstätte Berlin (c) Pixabay.com
Holocaust-Gedenkstätte Berlin
Datum:
Do. 27. Jan. 2022
Von:
Mönchengladbacher Bündnis: „Aufstehen!" im Gladbacher Haus der Erinnerung

Der 27. Januar wurde im Jahr 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag für alle Opfer des Nationalsozialismus ausgerufen. Das Erinnern an die Opfer soll neben der Trauer vor allem der Verantwortung dienen: Dass so etwas nie wieder geschehen darf.  

Der Verein „Gladbacher Haus der Erinnerung e.V.“ (GHE) ‐  das ist der Dachverein für die gemeinsamen Räumlichkeiten der „Theo‐Hespers‐Stiftung e.V.“, der „Gesellschaft für Christlich‐ jüdische Zusammenarbeit e.V.“, des“ FrauenVita‐Frauengeschichtsverein e .V.“ und der „Geschichtswerkstatt Mönchengladbach“ auf der Hehner  Straße  54  ‐  veröffentlicht  zu diesem Gedenktag eine Stellungnahme aus aktuellem Anlass. 

 

Seit Jahren beobachten die demokratischen  Kräfte in der Bundesrepublik mit Sorge zunehmende  gewaltbereite  Aktivitäten  mit rechtsradikalem  Hintergrund.  Dies  führte  bereits zu Mordtaten und gewalttätigen Übergriffen auf jüdische Menschen, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sowie Politiker und Journalisten. Eine breite Welle von  Hassbotschaften und Gewaltandrohungen anonym bleibender Absender ergießt sich in den Internet‐Netzwerken ganz allgemein und auch gezielt gegen Menschen, die sich für die Hassobjekte der Rechtsradikalen öffentlich einsetzten. Dies geschieht insbesondere, seitdem die AfD als rechtspopulistische Partei, aus der  Teile der dort Aktiven auch vor rechtsradikalen Parolen nicht zurückschrecken, auf der parlamentarischen Bühne aufgetreten ist. Ab dann haben sich rechtsradikale, demokratiefeindliche Tendenzen bis in die Mitte der Gesellschaft  ausgebreitet. 

Der Vorstand des GHE e.V. nimmt den Gedenktag des 27. Januar zum Anlass, vor diesen sich ausbreitenden Tendenzen antisemitischer und menschenverachtender Hetze  zu warnen und alle demokratischen Kräfte  –  und das ist die große Mehrheit der Gesellschaft  – aufzufordern, sich als verantwortungsbereite Demokraten diesen gefährlichen Tendenzen entgegen zu stellen. 

Mit Blick auf die seit Beginn der Corona‐Pandemie neu entstandene Szenerie von öffentlich demonstrierenden und in  den Netzen aggressiv agierenden  „Querdenkern“,  Reichsbürgern und  Verschwörungstheoretikern drückt  der  Vorstand  des  GHE  e.V. seine Sorge  vor  einem neuen Schub antidemokratischer und judenfeindlicher Hassbotschaften aus. Unter demonstrierende Impfgegner und Kritiker der Corona‐Politik haben sich längst zahlreiche Aktivisten aus  der  AfD,  aus  rechtsradikalen  Gruppierungen  und Verschwörungstheoretikern  etc.  gemischt, die sich die gesundheitlichen Sorgen zahlreicher Menschen zu Nutze machen, um ganz andere Ziele zu verfolgen. Ihnen geht es darum, das pandemiebedingte Unruhe‐ und Protestpotenzial zu nutzen, um daraus gesellschaftliche Desorganisation entstehen zu lassen. „Die Sorgen von impfkritischen Menschen müssen wir sehr ernst nehmen, “sagt der Vorsitzende des GHE e.V. Ferdinand Hoeren, „ und wir sollten demokratische Verfahren nutzen, um einen Weg zu finden, mit dem das gesundheitliche Sicherheitsinteresse der Bevölkerungsmehrheit mit den sehr persönlichen Sorgen der Impfkritiker in ein praktikables Verhältnis gebracht werden kann.“ Das hat aber nichts mit dem zu tun, was sich da teilweise auf Straßen und Plätzen abgespielt hat. Scharfmachern unter den Teilnehmern der Impfgegner‐„Spaziergänge“ geht es nicht um eine sachliche Auseinandersetzung zum Zwecke der Suche nach Problemlösung, sondern im Gegenteil: Hier wird eine Feinderklärung vorgetragen, die die Verantwortlichen für die Maßnahmen der Pandemiebekämpfung kriminalisieren soll. 

Als geradezu empörend sind Versuche von Demonstranten zu werten, die Situation von Impfgegnern in die Nähe von Opfern des Holocaust zu rücken. Dies stellt eine Verhöhnung der millionenfachen Opfer des Nazimordes an den europäischen Juden dar! 

Menschen, die sich mit Bedenken gegen die aktuelle Corona‐Politik tragen, sollten sich sehr  genau umschauen, von wem sie sich mit Informationen versorgen lassen und mit wem sie sich gemeinsam auf den Weg einer Demonstration machen. Verantwortungsbewusste und verantwortungsbereite Bürgerinnen und Bürger braucht die Demokratie, um nicht unter den Angriffen ihrer Feinde zugrunde zu gehen. 

Das ist die zentrale Botschaft des 27. Januar. Ein Tag, an dem der Opfer des Nazi‐Mordes an Millionen Menschen gedacht wird, die vom Nationalsozialismus kollektiv zu Feinden erklärt worden waren und deswegen getötet wurden. Das darf nie wieder geschehen!